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Chinas Pandadiplomatie – eine Strategie, so einzigartig wie das Tier, um das sie sich dreht – galt lange als Symbol für Wohlwollen, Artenschutz und gegenseitigen Nutzen im internationalen Ansehen. Doch hinter dieser charmanten Fassade verbirgt sich ein komplexes Geflecht aus wirtschaftlichen Interessen und diplomatischen Machtspielen, das zunehmend schwer zu übersehen ist. Was einst als großzügiger Akt ökologischer Zusammenarbeit gefeiert wurde, gerät heute immer stärker in die Kritik: Hinsichtlich seiner wahren Absichten und tatsächlichen Auswirkungen. Jüngste Recherchen und Berichte zeichnen ein weit düstereres Bild, als bislang angenommen.

Über Jahrzehnte hinweg dienten Pandas als inoffizielle Botschafter Chinas. Ursprünglich wurden sie als Geschenke an andere Nationen überreicht – ein Brauch, der 1941 begann und nach der Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 verstärkt Anwendung fand. Unter Mao Zedongs Führung wurden Pandas an verbündete Staaten wie die Sowjetunion und Nordkorea verschenkt, um diplomatische Beziehungen zu festigen. Ein symbolträchtiger Meilenstein war 1972 die Übergabe zweier Pandas an die USA nach dem Besuch von Präsident Nixon – ein Wendepunkt in den chinesisch-amerikanischen Beziehungen. Angesichts wachsender Besorgnis über den Rückgang der Panda-Population änderte China 1984 seine Praxis: Statt die Tiere zu verschenken, begann man, sie im Rahmen hoch dotierter Leihverträge zu vergeben – mit jährlichen Zahlungen von rund 1 Million US-Dollar pro Panda-Paar zur Unterstützung des Artenschutzes in China. Die scheinbar hohen Kosten erscheinen jedoch vergleichsweise gering im Hinblick auf die lukrativen Handelsabkommen, die Panda-Leihgaben häufig begleiten.

Heute leben nur etwa 60 Pandas in 20 ausländischen Zoos – ein Umstand, der die Exklusivität solcher Vereinbarungen deutlich macht. Ein besonders prominentes Beispiel der Pandadiplomatie fand 2019 statt, als Chinas Präsident Xi Jinping dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bei einer feierlichen Zeremonie zwei Pandas überreichte. Diese Geste unterstrich die wachsende Annäherung zwischen beiden Staaten und festigte zugleich ihre gemeinsame Positionierung in globalpolitischen Fragen.

Obwohl Panda-Leihgaben weithin als Symbol des guten Willens wahrgenommen werden, dienen sie oft tiefergehenden strategischen Zielen – nicht selten in direktem Zusammenhang mit umfangreichen Handels- oder Investitionsabkommen. So erhielt der Zoo im schottischen Edinburgh im Jahr 2011 erstmals zwei Pandas. Während die Übergabe der Tiere als zentrales Ereignis gefeiert wurde, verhandelten Großbritannien und China gleichzeitig milliardenschwere Handelsverträge, insbesondere im Bereich der schottischen Ölraffinerien. Ähnliche Muster zeigen sich auch in anderen Ländern: Zahlreiche Panda-Leihgaben stehen im Zusammenhang mit Vereinbarungen zum Uranhandel – einem zentralen Bestandteil von Chinas ambitionierter Strategie, seine nukleare Energieversorgung bis 2050 massiv auszubauen. Australien, das über die größten Uranreserven der Welt verfügt, empfing im Jahr 2009 ein Panda-Paar – nur drei Jahre nach Abschluss eines Uranliefervertrags mit Peking. Auch Kanadas Panda-Leihe im Jahr 2013 fiel zeitlich mit Abkommen über Uran- und andere Energieexporte nach China zusammen. Angesichts von Chinas rasantem Ausbau der Kernenergie haben diese Zusammenhänge zunehmend internationale Aufmerksamkeit und Besorgnis ausgelöst. Es überrascht daher kaum, dass der Panda oft als „das politischste Tier der Welt“ bezeichnet wird.

Auch die Verwendung der durch die Pandadiplomatie generierten Gelder wirft zunehmend Fragen auf. Im November 2024 berichtete die New York Times, dass amerikanische Zoos in den vergangenen zwei Jahrzehnten rund 86 Millionen US-Dollar an China gezahlt haben, um Pandas zu beherbergen und auszustellen. Doch nicht alle dieser Zahlungen wurden wie vorgesehen für den Artenschutz verwendet. Ein Teil der Gelder – die laut dem US-amerikanischen Endangered Species Act von 1973 zweckgebunden sind – soll Berichten zufolge stattdessen in Infrastrukturprojekte wie Straßenbau, Büroausstattung für Behörden oder sogar Museen geflossen sein, anstatt direkt dem Schutz der Pandas zugutezukommen.

Über mehrere Jahre hinweg äußerte die für die Zahlungsaufsicht zuständige US-Behörde, der Fish and Wildlife Service (FWS), Bedenken hinsichtlich der mangelnden Transparenz auf chinesischer Seite. Bereits 2003 stoppten die Regulierungsbehörden Zahlungen an China aufgrund unzureichender Dokumentation. Später jedoch gaben sie dem chinesischen Druck nach und akzeptierten weniger detaillierte Finanzberichte. Bis 2010 verschärften sich die Sorgen weiter, da chinesische Organisationen schließlich vollständig auf die Offenlegung ihrer Ausgaben verzichteten. Als Reaktion darauf froren die US-Behörden innerhalb von zwei Jahren Zahlungen in Höhe von 12 Millionen US-Dollar ein. Diese Mittel wurden jedoch später wieder freigegeben, um den Zugang amerikanischer Zoos zu den begehrten Pandas nicht zu gefährden.

Die Enthüllungen der New York Times führten zu einer Welle von Aktivitäten in Washington. Am 19. Dezember 2024 richteten die republikanischen Vorsitzenden des Ausschusses für natürliche Ressourcen des Repräsentantenhauses sowie des Unterausschusses für Aufsicht und Ermittlungen ein offizielles Schreiben an die stellvertretende Innenministerin der Vereinigten Staaten sowie an die Leitung des Fish and Wildlife Service der USA(FWS). In dem Schreiben wurden ernsthafte Bedenken hinsichtlich der mangelnden Transparenz und der unzureichenden Nachverfolgung von Zahlungen geäußert, die im Rahmen des Endangered Species Act (ESA) geleistet wurden. Zudem wurde mehr Rechenschaftspflicht in Bezug auf an China überwiesene Gelder gefordert. Aufgrund des jüngsten Regierungswechsels in den USA am 20. Januar 2025 ist der aktuelle Stand dieser Ermittlungen jedoch unklar. Könnte dies ein weiterer Fall von Verschwendung, Betrug und Missbrauch für Musks DOGE-Team sein?

Darüber hinaus wurde Chinas Pandadiplomatie als einseitiger Austausch kritisiert. Während Zoos die Pandas beherbergen und Millionen von Dollar für dieses Privileg zahlen, tragen sie zugleich erhebliche Kosten für deren Pflege. Pandas gelten als besonders kostenintensiv in der Haltung – sie benötigen spezielle Ernährung, eigens angepasste Gehege und umfangreiche tierärztliche Betreuung. Zudem gehören im Ausland geborene Panda-Jungtiere rechtlich China und müssen vor ihrem vierten Geburtstag zurückgegeben werden. Dennoch sehen viele Zoos die Pandas als lohnende Investition – vor allem wegen ihrer einzigartigen Anziehungskraft auf Besucher und des damit verbundenen Umsatzpotenzials. Auch amerikanische Zoos, darunter jene in Washington, D.C., Atlanta und San Diego, beteiligen sich seit Langem an solchen Leihvereinbarungen. Am 24. Januar 2025 feierten die Riesenpandas Bao Li und Qing Bao im Smithsonian National Zoo in Washington, D.C. ihren öffentlichen Einstand – begleitet von großem Besucherandrang und breiter

Die internationale Gemeinschaft steht vor einer Herausforderung: Wie lässt sich sicherstellen, dass Artenschutzmaßnahmen tatsächlich bedrohten Tierarten zugutekommen – und nicht zu bloßen Instrumenten politischer und wirtschaftlicher Einflussnahme werden? Pandas mögen weltweit Zoo-Besucher begeistern, doch ihre Reisen erzählen eine weitaus größere Geschichte darüber, wo Chinas Interessen in Wahrheit liegen.

Die zunehmende Kritik an der Pandadiplomatie wirft mittlerweile einen Schatten auf die symbolische Rolle der Tiere.

Bild: Riesenpanda beim Bambusfressen vor der chinesischen Flagge. © IMAGO / Depositphotos
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