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Dr. Thomas Stelzer, Dekan der Internationalen Anti-Korruptions-Akademie mit Sitz in Wien, gab iGlobenews ein exklusives Interview und sprach darüber, wie sich die IACA an die COVID angepasst hat, wie sie sich weiterentwickeln wird und wie der Beitritt zu PACI, der Initiative des Weltwirtschaftsforums, den globalen Kampf gegen Korruption unterstützen wird.

Diana Mautner Markhof, 16. Mai 2021

Die Internationale Anti-Korruptions-Akademie (IACA) mit Sitz in Wien fokussiert ihre Bildungsprogramme auf die Themen Korruptionsbekämpfung und Compliance. In einem exklusiven Interview mit iGlobenews am 4. Mai 2021 erläuterte Dr. Thomas Stelzer, Dekan der IACA und ehemaliger österreichischer Diplomat mit umfangreicher Erfahrung in UN-Organisationen, wie sich die IACA positioniert, um ihre Rolle als führende Hochschuleinrichtung in diesem Fachbereich auszubauen.

Korruption hat es schon immer gegeben. Was sich in den letzten Jahren geändert hat, so Dr. Stelzer, ist das Bewusstsein für ihre Existenz – „sie ist aus dem Schatten getreten“. Es wurden neue rechtliche Instrumente geschaffen bzw. eingeführt, und die Zivilgesellschaft und die Interessengruppen haben sich dem Kampf angeschlossen, an dem nicht nur die Regierungen, sondern auch Nichtregierungsorganisationen, die Wissenschaft und die Privatwirtschaft beteiligt sind.

Ein wichtiger Meilenstein im Kampf gegen die Korruption war die Verabschiedung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen im September 2015, die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) umfasst. Diese SDGs fordern alle Länder auf, „den Wohlstand zu fördern und gleichzeitig den Planeten zu schützen“.  SDG 16 befasst sich mit „Frieden, Gerechtigkeit und starken Institutionen“ und wird durch zehn sogenannte „Ergebnisziele“ unterstützt, von denen eines die Bekämpfung der Korruption ist. Durch Korruption wird ein großer Teil des Wohlstands, der weltweit auf 1,5 bis 2 Billionen Dollar geschätzt wird, aus den produktiven Volkswirtschaften abgezogen. Ohne eine wirksame Korruptionsbekämpfung wird die Agenda 2030 nicht erfüllt werden können.

Ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Korruption war das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAC). Das UNCAC ist ein universelles Instrument zur Korruptionsbekämpfung, das ein rechtsverbindlicher Vertrag ist. Es hat sich zu einem einzigartigen Instrument zur weltweiten Bekämpfung der Korruption auf der Grundlage der Rechtsstaatlichkeit entwickelt. Obwohl es immer noch keine anerkannte globale Definition von Korruption gibt, haben die Verhandlungen und die Verabschiedung des UNCAC im Oktober 2003 Korruption in unser Bewusstsein gerückt. Die Staaten wurden ermutigt, Institutionen zu schaffen, die diesen Kampf unterstützen. Dr. Stelzer – damals Ständiger Vertreter Österreichs beim UNO-Büro in Wien, bei der Internationalen Atomenergie-Organisation, der UNIDO und der CTBTO – unterzeichnete die UNCAC im Namen der Republik Österreich.

Lange bevor die Agenda 2030 der Vereinten Nationen das Licht der Welt erblickte, wurde die IACA ins Leben gerufen, um die Vertragsstaaten bei ihren Bemühungen um die Umsetzung der Bestimmungen der UNCAC technisch zu unterstützen. Zu den Initiatoren von IACA gehören das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), INTERPOL, das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und die Republik Österreich. Als Sekretär des UN Chief Executives Board (CEB) spielte Dr. Stelzer eine Schlüsselrolle bei der Konzeption und Gründung von IACA am 8. März 2011.

Dr. Stelzer sieht den „strukturellen Geburtsfehler“ der IACA darin, dass sie außerhalb des UN-Systems und nicht innerhalb gegründet wurde. Trotz dieses Fehlers hat IACA zwei komparative Vorteile. Sie ist die einzige Institution, die sich ausschließlich der Korruptionsbekämpfung widmet und den rechtlichen Status einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation hat, und sie ist die einzige internationale Organisation, die auch eine Hochschule ist und akademische Grade verleihen darf. Diesen komparativen Vorteil hat Dr. Stelzer genutzt, um in Zusammenarbeit mit UNITAR (United Nations Institute for Training and Research) einen neuen Master-Studiengang mit den Schwerpunkten Diplomatie und Korruptionsbekämpfung einzurichten. Dr. Stelzer sieht die Zukunft der IACA innerhalb der UN-Familie als Durchführungsorganisation der UNCAC.

Auf die Frage, warum viele große europäische Länder und die Vereinigten Staaten bisher nicht der IACA beigetreten sind, erklärte Dr. Stelzer, dass die großen Geberländer vor allem in internationale Entwicklungsinstitutionen investieren, da diese Länder bestrebt sind, ihr 0,7%-Ziel für die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) zu erreichen. Dr. Stelzer wurde im März 2020 Dekan der IACA. Unter seiner Leitung wurde die IACA in die Annex 2 Liste der ODA-anrechenbaren internationalen Organisationen der OECD aufgenommen. Damit ist die IACA ein offizieller Teil des globalen Entwicklungssystems. Dr. Stelzer ist überzeugt, dass dieser Schritt viele Möglichkeiten für UN-Mitgliedstaaten eröffnen wird, dem Gründungsvertrag der IACA beizutreten, darunter Länder wie Deutschland, Italien und die USA.

Bis heute hat die IACA über 3100 Studenten aus mehr als 163 Ländern auf 5 Kontinenten aufgenommen. Bei den Studenten handelt es sich meist um Praktiker in der Mitte ihrer Laufbahn: Richter, Staatsanwälte, Forscher und Akademiker. Der Lehrkörper der IACA besteht aus Experten aus der ganzen Welt.

Ein wichtiges Ziel des neuen Dekans der IACA ist es, die Punkte zwischen den Institutionen, die Korruption bekämpfen, zu verbinden. Die IACA besteht aus drei Säulen: der akademischen Säule mit zwei Masterstudiengängen, den maßgeschneiderten Programmen für Beamte in einem bestimmten Land und der Forschungssäule. Ein leitender Forscher baut derzeit eine Datenbank für ein globales Archiv der Korruptionsbekämpfungsforschung auf. Dies soll bis Ende des Sommers 2021 abgeschlossen sein. Dr. Stelzer arbeitet auch an der Entwicklung eines Ph.D.-Programms an der IACA. Er geht davon aus, dass die IACA-Module zur Korruptionsbekämpfung Teil vieler Lehrpläne in diplomatischen Akademien, Universitäten und unternehmensinternen Schulungsprogrammen auf der ganzen Welt werden.

Finanziell hat sich die IACA neu erfunden, indem sie ihren Haushaltsbedarf und ihre Fixkosten gesenkt und durch neue Programme und Online-Kurse unabhängige Einnahmen erzielt hat. COVID war eine unerwartete Chance für die Anti-Korruptions-Akademie. Bis Mitte April 2020 hat die IACA ihren konventionellen Präsenzunterricht durch E-Learning-Module ersetzt. Dadurch hat sich die Reichweite der IACA erhöht. Die Vision von Dr. Stelzer ist es, die Programme der IACA jedem zukünftigen Diplomaten und Wirtschaftsführer zugänglich zu machen.

Konventionelle Face-to-Face-Programme in Wien wird es weiterhin geben, der Großteil der IACA-Kurse wird jedoch digitalisiert bleiben. Die IACA wird weiterhin eine überwiegend virtuelle Institution sein. Dies macht die Programme wirtschaftlicher und ermöglicht einer unbegrenzten Anzahl von Studenten die Teilnahme an den Anti-Korruptions- und Compliance-Kursen. Alle Studenten, die sich qualifizieren, werden weiterhin in die IACA-Programme aufgenommen, und die IACA wird bei Bedarf Stipendien und finanzielle Unterstützung anbieten.

Korruption ist ein globales Phänomen. Die IACA arbeitet nun eng mit dem privaten Sektor zusammen. Mit dem OECD-Übereinkommen über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr, das am 15. Februar 1999 in Kraft getreten ist, wurden rechtsverbindliche Standards zur Kriminalisierung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr festgelegt. Dieses OECD-Übereinkommen ist das erste und einzige internationale Instrument zur Korruptionsbekämpfung, das auf die „Angebotsseite“ der Bestechungstransaktion abzielt. Die Unternehmen müssen sich an dieses Übereinkommen halten und ihre Compliance-Kapazitäten verbessern. Um diese Fähigkeiten aufzubauen, brauchen sie oft Hilfe von außen. Die IACA ist die einzige internationale Organisation, die auf der Grundlage ihres komparativen Vorteils und ihres Know-hows technische Unterstützung in diesem Bereich anbietet.

Unter der Leitung von Dr. Stelzer ist die IACA Teil von PACI, der Partnering Against Corruption Initiative des Weltwirtschaftsforums, geworden. Diese Initiative bringt Wirtschaftsführer, internationale Organisationen und Regierungen zusammen, um Korruption, Transparenz und Risiken aufstrebender Märkte anzugehen. Die IACA wird auch weiterhin private Unternehmen bei ihren Bemühungen unterstützen, die globalen Antikorruptionsstandards, Anti-Korruptionsvorschriften und Compliance-Normen einzuhalten.

© Copyright World Economic Forum

Bild: Dekan Dr. Thomas Stelzer von der Internationalen Anti-Korruptions-Akademie in Wien © IACA
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