Mit der Verabschiedung der Resolution 2803 am 17. November 2025 hat der UN-Sicherheitsrat erstmals einen Ausweg aus dem Gaza-Konflikt formell skizziert. Er billigte einen von den USA unterstützten Friedensplan, setzte ein Übergangsgremium – den Board of Peace (BoP) – ein und autorisierte eine Internationale Stabilisierungstruppe (ISF). Dieser Durchbruch, getragen von zentralen arabischen Vermittlern, verlagert den Fokus nun auf die Umsetzung. Doch die Mission steht sofort vor entscheidenden Fragen: Welche Folgen hat die auffällige Abstinenz Russlands und Chinas bei der Abstimmung? Wer übernimmt die Kosten des Wiederaufbaus, der auf rund 70 Milliarden US-Dollar geschätzt wird? Und wer führt Gaza, wenn Hamas entwaffnet ist?

Nach einem vorübergehenden Waffenstillstand Ende 2023 und monatelangen schweren Angriffen auf die Zivilbevölkerung in Gaza gewannen die Gespräche über einen umfassenden, langfristigen Friedensplan ab Ende September 2025 deutlich an Fahrt. Ausschlaggebend war ein umfassender, von den USA unterstützter 20-Punkte-Plan, den US-Präsident Donald Trump und Israels Premierminister Benjamin Netanyahu am 29. September 2025 bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Weißen Haus vorstellten. Die Vereinbarung über den Plan wurde am 9. Oktober 2025 offiziell unterzeichnet und trat bereits am Folgetag in Kraft. Am 13. Oktober 2025 veröffentlichten die Staats- und Regierungschefs der USA, Ägyptens, Katars und der Türkei auf einem internationalen Gipfel im ägyptischen Scharm el-Scheich eine gemeinsame Erklärung, in der sie die Waffenruhe für Gaza unterstützten und sich verpflichteten, auf einen dauerhaften Frieden in der Region hinzuarbeiten. Die Initiative wurde vor allem von Katar, der Türkei und Ägypten vermittelt, während die Vereinigten Staaten eine zentrale koordinierende Rolle übernahmen. Bis zur Verabschiedung der bindenden UN-Resolution setzten sich entscheidende diplomatische Bemühungen über eine mögliche multinationale Stabilisierungstruppe und eine Übergangsverwaltung fort.

Dieser diplomatische Kraftakt mündete am 17. November 2025 in einem entscheidenden Durchbruch: Der UN-Sicherheitsrat verabschiedete die Resolution 2803, mit der er den von den USA unterstützten Gaza-Friedensplan offiziell billigte, eine befristete Internationale Stabilisierungstruppe (ISF) autorisierte und ein Übergangsgremium – den „Board of Peace“ (BoP) – zur Verwaltung Gazas einsetzte.

Die Bemühungen um einen langfristigen Waffenstillstand und eine politische Regelung für Gaza haben den Blick erneut auf die Rolle regionaler Akteure gelenkt, insbesondere der Türkei und jener arabischen Staaten, die zentrale diplomatische Kanäle zu Hamas und Israel unterhalten. Parallel zu den Friedensverhandlungen liefen Gespräche über eine mögliche multinationale Truppe, die Sicherheit und Stabilisierung im Gebiet überwachen soll. Mit der Verabschiedung der Mandate für ISF und BoP treten diese Verhandlungen nun in die Phase der Umsetzung ein.

Die Zusammensetzung und das Mandat dieser Truppe bleiben umstritten – sowohl von Russland und China als auch von mehreren arabischen Staaten wie Algerien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Differenzen spiegeln die tieferen politischen Bruchlinien der Region wider. Moskau und Peking enthielten sich bei der Abstimmung und kritisierten anschließend die aus ihrer Sicht unklare Formulierung der Resolution sowie die fehlende Transparenz hinsichtlich Struktur, Mitgliedschaft und Mandat von ISF und BoP. Diese Spannungen bringen die Türkei in eine heikle Lage: Ankara drängt – nachvollziehbar – auf eine Rolle im Friedensprozess, während Israel unmissverständlich zu erkennen gegeben hat, dass eine türkische Beteiligung unter den derzeitigen Bedingungen nicht infrage kommt.

In den von den USA teilweise angeführten Konsultationen wurden Länder wie Indonesien, Katar, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und Aserbaidschan angesprochen, sich an einer möglichen Stabilisierungstruppe zu beteiligen. Mit Inkrafttreten der Resolution 2803 am 17. November 2025 haben sich diese Gespräche nun auf konkrete Zusagen verlagert – auch wenn bislang kein Staat offiziell Truppenkontingente angekündigt hat. Die USA haben diese Bemühungen zudem formalisiert, indem sie einen Entwurf für eine Resolution des UN-Sicherheitsrats vorlegten, die sowohl für ein Übergangsgremium zur Verwaltung Gazas als auch für eine Internationale Stabilisierungstruppe (ISF) ein zweijähriges Mandat vorsieht. Dieser Entwurf bildet die Grundlage der angenommenen Resolution, deren Mandat nun bis Dezember 2027 verlängert wurde.

Kürzlich veröffentlichten die USA, die Türkei, Pakistan und mehrere arabische Staaten – darunter Katar, Ägypten, Saudi-Arabien, Jordanien, Indonesien und die Vereinigten Arabischen Emirate – eine gemeinsame Erklärung, in der sie zur „zügigen Annahme“ der Resolution aufriefen, die die ISF und einen Übergangsrat, den Board of Peace, formal einsetzen sollte. Nach der Verabschiedung begrüßten diese Staaten die Abstimmung und kündigten an, mit dem UN-Generalsekretär an den Vorbereitungen für Einsatz und Übergangsverwaltung zusammenzuarbeiten. Diese Zustimmung zeigt die breite regionale Unterstützung für das Vorhaben. Im jüngsten Resolutionsentwurf heißt es zudem ausdrücklich, der Plan „weise einen Weg zu palästinensischer Selbstbestimmung und Staatlichkeit“.

Wie schon bei den Verhandlungen über die Freilassung von Geiseln im Oktober 2023 hat sich die Türkei auch jetzt als Vermittlerin in Konflikten mit palästinensischen Akteuren positioniert und die Kommunikationskanäle zu Hamas offengehalten – selbst in Phasen, in denen viele Staaten direkten Kontakt mieden. Zugleich präsentiert Ankara sein Engagement häufig in humanitären und politischen Begriffen und stellt sich als entschiedene Unterstützerin palästinensischer Rechte und des Wiederaufbaus dar. Gemeinsam mit arabischen Vermittlern und den USA bemüht sich die Türkei derzeit zudem um einen sicheren Abzug der rund 200 verbliebenen Hamas-Kämpfer, die sich in befestigten Tunnelanlagen in Gaza verschanzt haben. Diese Lage erschwert es, die laufenden Waffenstillstandsverhandlungen in eine Phase zu überführen, die auf ein dauerhaftes Ende des nun zweijährigen Krieges abzielt.

Im Zentrum der regionalen Diplomatie steht Katar, das seit mehr als einem Jahrzehnt eine Schlüsselrolle in den Verhandlungen zwischen Hamas und Israel spielt. Doha beherbergte über Jahre hinweg hochrangige politische Vertreter der Hamas – darunter Khaled Maschʿal, den früheren Vorsitzenden des Politbüros, und zeitweise auch den heutigen Vorsitzenden Ismail Hanijeh. Katar fungierte immer wieder als Vermittler bei Waffenstillstandsabkommen, Geiselverhandlungen und humanitären Transfermechanismen – Aufgaben, die seit den 2010er-Jahren stetig an Bedeutung gewonnen haben. Doha begrüßte die Verabschiedung der Resolution 2803 öffentlich und kündigte an, seine Vermittlungsrolle innerhalb der von den Vereinten Nationen getragenen Struktur fortzusetzen.

Ägyptens Rolle ergibt sich aus seiner geografischen Lage und langjährigen sicherheitspolitischen Verantwortung. Kairo kontrolliert den Grenzübergang Rafah und hat häufig Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und Hamas vermittelt. Ägypten unterstützt die Resolution und betont zugleich, dass sie das legitime Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung stärke.

Auch die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich in die diplomatischen Gespräche rund um den Friedensplan eingebracht. Zunächst als möglicher Beitragsleister für eine Stabilisierungstruppe gehandelt, stellten die Emirate am 10. November 2025 klar, dass sie ohne eine eindeutig definierte rechtliche Grundlage und eine politische Roadmap für die künftige Verwaltung Gazas nicht teilnehmen würden. Nach der Verabschiedung der Resolution 2803 begrüßte Abu Dhabi die Abstimmung.

Die Frage des Wiederaufbaus steht im Mittelpunkt aller Gespräche. Gaza ist durch wiederholte Konfliktrunden schwer zerstört worden, und der Wiederaufbau wird umfangreiche Finanzierung, enge Koordinierung und langfristiges Engagement erfordern. Nach einer neuen Bewertung der UN-Handels- und Entwicklungsorganisation (UNCTAD) hat Israels Krieg einen „menschen­gemachten Abgrund“ geschaffen: Die Wirtschaft Gazas ist um 87 Prozent eingebrochen, das BIP pro Kopf liegt nur noch bei 161 US-Dollar, und auch das Westjordanland hat einen massiven wirtschaftlichen Kollaps erlebt. Der Bericht warnt zudem, jahrzehntelange Entwicklungsfortschritte seien ausgelöscht worden und die Wiederaufbaukosten dürften sich über mehrere Jahrzehnte auf mehr als 70 Milliarden US-Dollar belaufen. Die Türkei hat Interesse signalisiert, sich am Wiederaufbau zu beteiligen, unter Verweis auf ihre Erfahrungen in Postkonfliktregionen wie Libyen, Syrien und der Ukraine. Türkische Bauunternehmen verfügen über langjährige Praxis in kriegsversehrten Gebieten und in der Zusammenarbeit mit internationalen Entwicklungsfonds. Ankara dürfte den Wiederaufbau sowohl als humanitäres Engagement wie auch als Chance sehen, seinen Einfluss und seine wirtschaftliche Präsenz in der Region zu stärken.

Der Wiederaufbau hängt entscheidend von einer geklärten Regierungsstruktur ab. Dazu gehört die Frage, wer das Gebiet verwaltet, wie die Sicherheit gewährleistet wird und welche politische Rolle Hamas künftig – falls überhaupt – spielen wird. Die nun verabschiedete Resolution des Sicherheitsrats adressiert dies ausdrücklich, indem sie einen „Board of Peace“ als Übergangsverwaltung vorsieht, unterstützt von den arabischen Staaten. Doch dass Hamas dieser Lösung nicht zugestimmt hat, bleibt eine zentrale Hürde auf dem langen Weg zu einem dauerhaften Frieden in Gaza.

Bild: 17. November 2025, New York – Mitglieder des UN-Sicherheitsrats stimmen über eine von den USA eingebrachte Resolution zur Einrichtung einer Internationalen Stabilisierungstruppe für Gaza ab. Die Resolution setzt einen „Board of Peace“ als Übergangsverwaltung ein und ermächtigt ihn, eine befristete Stabilisierungstruppe zu bilden. Sie wurde mit 13 Ja-Stimmen angenommen; China und Russland enthielten sich. © IMAGO / Pacific Press Agency
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