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Nach dem Abkommen über das Atomkraftwerk El-Dabaa in Ägypten bekräftigt Russland seine nukleare Präsenz in Afrika, nachdem es zwei Absichtserklärungen (Memoranda of Understanding – MoUs) mit Mali und Burkina Faso unterzeichnet hat. Afrikanische Staats- und Regierungschefs zeigen zunehmend Interesse an Kernenergie – als Reaktion auf das akute Energieversorgungsdefizit auf dem Kontinent.

Eine der drängendsten Herausforderungen, mit denen afrikanische Staaten derzeit konfrontiert sind, ist ein gravierender Strommangel: Laut der Afrikanischen Entwicklungsbank haben über 600 Millionen der insgesamt 1,48 Milliarden Afrikaner keinen Zugang zu Elektrizität – der niedrigste Anteil weltweit. Ohne verlässliche Stromversorgung bleibt der Kontinent anfällig für wirtschaftliche Instabilität, Migration und strukturelle Entwicklungsprobleme. Aus diesem Grund streben zahlreiche afrikanische Länder zunehmend nach Energie–Unabhängigkeit und der Erschließung eigener natürlicher Ressourcen.

Aufgrund des mangelnden Engagements der EU und der USA in Afrika hat Russland einen Weg gefunden, seine Präsenz auf dem Kontinent erneut zu festigen – insbesondere nach den Einsätzen der Wagner-Söldnergruppe, die maßgeblich zur Ausweitung des russischen Einflusses in Afrika beigetragen haben. Bemerkenswert ist, dass Russland zugesagt hat, seine Lebensmittelexporte sowie die energiepolitische Zusammenarbeit mit Afrika zu intensivieren – auf der Suche nach neuen geopolitischen Partnern vor dem Hintergrund westlicher Sanktionen.

Die energiepolitische Zusammenarbeit mit Russland gilt unter afrikanischen Staats- und Regierungschefs als eine der vielversprechendsten Formen der Kooperation, um dem gravierenden Energieengpass auf dem Kontinent zu begegnen. Derzeit ist Südafrika das einzige Land auf dem Kontinent, das ein Atomkraftwerk betreibt. Der wachsende Energiebedarf hat jedoch dazu geführt, dass immer mehr afrikanische Staaten aktiv Pläne entwickeln, in die Kernenergie zu investieren. Die zentrale Frage dabei lautet: Wie können diese Entwicklungsstaaten den Bau von Atomkraftwerken finanzieren? Besonders herausfordernd sind dabei die hohen Anfangsinvestitionen und die langen Bauzeiten solcher Projekte.

Am 19. November 2015 unterzeichnete Rosatom – die staatliche russische Atomenergiegesellschaft – ein Abkommen mit Ägypten über den Bau, die Finanzierung und den Betrieb des Atomkraftwerks El Dabaa. Der tatsächliche Baubeginn erfolgte am 19. November 2022. Das Projekt hat ein Gesamtvolumen von 30 Milliarden US-Dollar und wird zu 85 % von Russland finanziert – über ein Darlehen in Höhe von 25 Milliarden US-Dollar, das im Rahmen eines Finanzierungsabkommens gewährt wurde. Der Kredit ist über einen Zeitraum von 22 Jahren zurückzuzahlen und mit einem Zinssatz von 3 % pro Jahr versehen.

Diese Investitionspakete sind für viele afrikanische Entwicklungsstaaten besonders attraktiv, da Rosatom umfassende Leistungen aus einer Hand anbieten kann – von der Ausbildung und Qualifizierung lokalen Personals über den Aufbau nuklearwissenschaftlicher Programme bis hin zur Lieferung von Uran über die gesamte Laufzeit der Anlage bishin zur Entsorgung radioaktiver Abfälle. Ein zusätzlicher Vorteil: Die Finanzierung der Projekte erfolgt größtenteils durch die russische Regierung.

Dies betonte auch Kirill Komarov, Erster stellvertretender Generaldirektor von Rosatom für Unternehmensentwicklung und internationale Geschäfte, während der African Energy Week vom 16. bis 20. Oktober 2023 in Kapstadt. Er erklärte: „Rosatom verfügt über alles, was notwendig ist, um interessierte afrikanische Länder beim Aufbau einer eigenen nuklearen Energieversorgung zu unterstützen.“

Mehrere weitere afrikanische Länder – darunter Burundi, Äthiopien, Ghana, Marokko, Ruanda, Simbabwe und Sambia – haben bereits unterschiedliche Kooperationsabkommen mit Russland im Bereich der Kernenergie unterzeichnet. Zuletzt schloss Rosatom im Rahmen der Russian Energy Week, die vom 11. bis 13. Oktober 2023 in Moskau stattfand, zwei Absichtserklärungen (MoUs) mit Burkina Faso und Mali. Ziel ist die Zusammenarbeit im Bereich Kernenergie sowie der Aufbau nuklearer Infrastruktur in den beiden westafrikanischen Staaten.

Die unterzeichneten Absichtserklärungen (MoUs) enthalten keine konkreten Angaben zu den geplanten Atomkraftwerken, deren Finanzierung oder einem Zeitrahmen für den Bau. Angesichts des russisch-ägyptischen Abkommens wird jedoch erwartet, dass diese Vereinbarungen einem ähnlichen Modell folgen – also einem „Bau-, Finanzierungs- und Betriebsabkommen“ mit langfristiger Kreditvergabe.

Der Einstieg von Rosatom in Mali und Burkina Faso fällt mit den tiefgreifenden Umbrüchen in der Sahelzone zusammen – insbesondere mit dem Abzug der französischen Truppen aus beiden Ländern im Jahr 2023. Infolge dieser Entwicklungen hat Russlands Einfluss in der Region zugenommen, während der Einfluss der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich spürbar zurückgegangen ist.

In diesem Zusammenhang ist besonders die Lage in Niger nach dem Militärputsch vom 26. Juli 2023 von Bedeutung. Niger verfügt über zahlreiche Uranminen, von denen mehrere seit der Kolonialzeit im Besitz französischer Unternehmen sind. Nach der Aufkündigung der militärischen Kooperationsabkommen mit Frankreich steht nun die Zukunft dieser Minen auf dem Spiel.

Am 16. September 2023 gründeten Mali, Burkina Faso und Niger die Allianz der Sahelstaaten und unterzeichneten ein gemeinsames Verteidigungsabkommen. Da sich alle drei Länder in vergleichbaren politischen und sicherheitspolitischen Lagen befinden, wird erwartet, dass auch Niger – angesichts seines großen Uranvorkommens – künftig mit Rosatom zusammenarbeiten und den Bau eines Atomkraftwerks anstreben wird.

Der Verkauf nuklearer Technologie und der Bau von Atomkraftwerken sind zentrale Bestandteile der russischen Strategie, um ihren Einfluss und Handel in Afrika auszuweiten. Gleichzeitig bietet dieses Engagement eine wirtschaftliche Alternative, um den Rückgang der Handelseinnahmen infolge des Ausschlusses aus den meisten westlichen Märkten auszugleichen – insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Bau von Kernkraftwerken ein kostenintensiver Prozess ist, der sich über mehr als ein Jahrzehnt erstreckt. Darüber hinaus wird Russlands technisches Know-how auch während der Betriebsphase benötigt, was eine kontinuierliche russische Beteiligung über sämtliche Phasen – Planung, Bau, Besitz und Betrieb – hinweg zwingend erforderlich macht. Dies garantiert nicht nur einen langfristigen Einflussausbau Russlands auf dem afrikanischen Kontinent, sondern sichert auch stetige Einnahmen durch russische Investitionen.

Afrikas wachsende Pläne zur Nutzung von Kernenergie stellen für Russland lukrative Investitionsmöglichkeiten dar – und für die afrikanischen Staaten eine Chance auf großflächige Energiegewinnung mit minimalem CO₂-Fußabdruck.

Bild: Russland, St. Petersburg, 29. Juli 2023 – Südafrikas Präsident Cyril Matamela Ramaphosa (l.) und Russlands Präsident Wladimir Putin reichen sich die Hand während eines Treffens beim zweiten Russland-Afrika-Gipfel im Konstantinpalast. © IMAGO / ITAR-TASS

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