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Im Wettlauf um die Vorherrschaft in der Künstlichen Intelligenz liefern sich China und die USA weiterhin ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Seit der Veröffentlichung im Januar 2025 hat sich das chinesische DeepSeek-Modell rasant zur meistgeladenen App in den USA, Großbritannien, Südkorea und zahlreichen weiteren Ländern entwickelt. Die Einführung eines leistungsstarken KI-Tools zu deutlich geringeren Kosten löste einen massiven Ausverkauf amerikanischer Tech-Aktien aus – Milliarden an US-Dollar gingen an der Wall Street verloren. Zugleich geriet der Glaube ins Wanken, dass das Silicon Valley unangefochten das Zentrum globaler Technologieentwicklung sei.

DeepSeeks kurzer Monat im Rampenlicht ist vorbei – die USA und andere Länder haben die Software inzwischen wegen zahlreicher Datenschutzbedenken verboten. Doch steht wirklich nur DeepSeek in der Kritik? Sollten wir uns nicht auch Sorgen um vertrautere Anbieter wie ChatGPT von OpenAI machen?

Chinas KI-Modell DeepSeek hat in letzter Zeit für Aufsehen gesorgt – allerdings nicht nur im positiven Sinne. Die von dem 39-jährigen Liang Wengfeng gegründete chinesische Startup-App ist ein KI-gestützter Chatbot, der ChatGPT von OpenAI, das 2022 auf den Markt kam, in Aussehen und Funktionalität stark ähnelt. Wengfeng beschäftigte sich bereits 2016 mit Künstlicher Intelligenz und gründete DeepSeek im Jahr 2023 mit dem Ziel, die technologische Kluft zwischen China und den USA zu überbrücken. Nur wenige Tage nach der Einführung der App im Westen am 20. Januar 2025 wurde DeepSeek bereits 1,9 Millionen Mal im Google Play Store heruntergeladen.

Seit der Veröffentlichung von DeepSeek – sowohl in der kostenlosen als auch in der Premium-Version – sind besorgniserregende Erkenntnisse über die Nutzung der chinesischen KI-Anwendung ans Licht gekommen. Das kanadische Cybersicherheitsunternehmen Feroot entdeckte versteckten Code in der App, der Nutzerdaten an China Mobile übermitteln kann – ein staatliches chinesisches Telekommunikationsunternehmen, das aufgrund von Datenschutzbedenken bereits von der New Yorker Börse ausgeschlossen wurde.

DeepSeek erstellt einen digitalen Fingerabdruck seiner Nutzer, der es der chinesischen Regierung ermöglicht, deren Aktivitäten über verschiedene Websites hinweg zu verfolgen. In einem Interview mit ABC News erklärte Feroot-CEO Ivan Tsarynny: „Wir sehen direkte Verbindungen zu Servern und Unternehmen in China, die unter staatlicher Kontrolle stehen. So etwas haben wir in der Vergangenheit noch nie beobachtet.“

Die von Feroot geäußerten Sicherheitsbedenken decken sich mit einer aktuellen Anschuldigung der südkoreanischen Datenschutzbehörde, der Personal Information Protection Commission. Diese wirft DeepSeek vor, Nutzerdaten mit ByteDance – dem chinesischen Unternehmen hinter TikTok – geteilt zu haben. Zwar gehört ByteDance teilweise internationalen Investoren, hat jedoch seinen Hauptsitz in Peking. Nach dem chinesischen Geheimdienstgesetz (National Intelligence Law) hat der Staat weitreichenden Zugriff auf Daten von Unternehmen mit Sitz in China oder unter chinesischer Kontrolle. Artikel 7 des Gesetzes besagt: „Alle Organisationen und Bürger haben nationale Geheimdienstarbeit zu unterstützen, zu helfen und zu kooperieren sowie bekannte Staatsgeheimnisse zu schützen.“ Und dieses Gesetz ist nicht das einzige in China, das Firmen und Privatpersonen zur Weitergabe von Daten und Informationen verpflichtet.

Auch die Moderationsrichtlinien von DeepSeek stehen in der Kritik. Berichten zufolge erhalten Nutzer auf politisch heikle Fragen – etwa zur Beziehung zwischen dem chinesischen Festland und Taiwan – entweder vorgefertigte, stark gefilterte Antworten oder überhaupt keine Reaktion. Solche Einschränkungen deuten auf eine inhaltliche Kontrolle hin, die sich an den Interessen der Kommunistischen Partei Chinas orientiert.

DeepSeek wurde bereits in mehreren Institutionen und Ländern aus Sicherheitsgründen verboten – darunter bei der US Navy, der NASA sowie in Taiwan, Australien und Südkorea. Alle diese Stellen berufen sich auf „Sicherheitsbedenken“ als Grund für das Verbot.

Aaron Snoswell, Senior Research Fellow im Bereich Künstliche Intelligenz am Generative AI Lab der Queensland University of Technology, erklärt: „DeepSeek, OpenAI und Meta geben an, Daten ihrer Nutzer zu sammeln – darunter Kontoangaben und Aktivitäten auf den jeweiligen Plattformen. Doch DeepSeek geht noch einen Schritt weiter und erklärt ausdrücklich, dass auch ‚Tastaturanschläge und -muster‘ erfasst werden – Informationen, die so eindeutig sein können wie ein Fingerabdruck.“

Auf die Bedenken hinsichtlich DeepSeeks Haltung zur Weitergabe von Nutzerdaten an andere Unternehmen angesprochen, sagte Snoswell: „Das ist weitaus großzügiger, als man es von westlichen Softwarefirmen kennt.“

Trotz berechtigter Bedenken gegenüber DeepSeek stehen auch westliche Unternehmen zunehmend in der Kritik. Im März 2023 verhängte die italienische Datenschutzbehörde GPDP (Garante per la Protezione dei Dati Personali) ein Verbot von ChatGPT, nachdem Zweifel am Schutz der Privatsphäre der Nutzer laut wurden. Die Behörde erklärte, es gebe „keine rechtliche Grundlage für die massenhafte Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten zum Zweck des ‚Trainings‘ der der Plattform zugrunde liegenden Algorithmen“. Auch Datenschutzbehörden in Deutschland, Frankreich und Irland prüfen derzeit die Sicherheits- und Datenschutzaspekte von ChatGPT und anderen KI-Tools und stehen diesbezüglich im Austausch mit der GPDP.

OpenAI hat auf diese Regulierungen mit dem Hinweis reagiert, dass Nutzer der Datenerhebung und der Verwendung ihrer Eingaben zur „Modellverbesserung“ widersprechen können – allerdings nur durch das Ausfüllen eines entsprechenden Formulars. In der Praxis bedeutet das: Standardmäßig speichert und verarbeitet OpenAI die an ChatGPT gesendeten Informationen. Auf der eigenen Datenschutzseite räumt das Unternehmen offen ein, eine Vielzahl an Nutzerdaten zu erfassen und zu speichern.

Bemerkenswert ist, dass sich die Datenschutzrichtlinie von OpenAI in dieser Form ausschließlich auf die Europäische Union bezieht – denn dort gelten strengere Datenschutzvorgaben für KI-Unternehmen als in vielen anderen Teilen der Welt. Infolgedessen könnten Nutzer in anderen Ländern feststellen, dass ihre Daten weitreichender geteilt werden, als sie es erwartet hätten.

Die Empörung des Westens über DeepSeeks Weitergabe privater Nutzerdaten an ByteDance wirkt etwas doppeldeutig, wenn man berücksichtigt, dass in der Datenschutzrichtlinie von ChatGPT ausdrücklich steht, OpenAI könne „personenbezogene Daten an Dienstleister, Behörden oder andere Dritte weitergeben“.

Während ByteDance aufgrund seiner engen Verbindungen zur chinesischen Regierung als Sicherheitsrisiko gilt, bleibt unklar, wie groß die tatsächliche Trennung zwischen US-amerikanischen KI-Unternehmen und der US-Regierung ist.

Seit Beginn von Donald Trumps zweiter Amtszeit zeigen sich führende Köpfe der US-Techbranche – darunter Mark Zuckerberg, Sam Altman und Jeff Bezos – bemüht, sich die Gunst des Präsidenten zu sichern. Angesichts dessen sollte die Zivilgesellschaft sich ernsthaft mit den tatsächlichen Konsequenzen der engen Beziehungen zwischen Regierung und privatwirtschaftlichen Akteuren auseinandersetzen.

Bildbeschreibung: DeepSeek und ChatGPT auf einem Smartphone: Das neue chinesische KI-Sprachmodell DeepSeek zusammen mit der US-Konkurrenz-App ChatGPT auf einem Handybildschirm, Symbolfoto. München, Januar 2025. DeepSeek ist ein Start-up des gleichnamigen chinesischen Unternehmens, ChatGPT wurde von OpenAI entwickelt. Der Erfolg des neuen KI-Modells führt zu Kursverlusten bei Tech-Aktien – die Dominanz amerikanischer KI-Firmen gerät ins Wanken. © IMAGO / Wolfgang Maria Weber

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